Kathedralen aus Wald
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Meine Liebesaffäre mit den Bäumen begann vor mehr als einer Dekade in Frankreich. Dort begeisterte und tröstete ich mich mit der architekturalen Majestät der Platanen; wie sie sich über den Kanal du Midi wölben. Dieser Wasserweg erinnert mich an die Kathedralen, die ich in meiner Kindheit in England liebte. Solch Steingewicht, oder auch Holz, das mit Anmut in die Höhe steigt und dabei unser Bewusstsein zu einer neuen Perspektive anhebt. Als ich hörte, die Bäume des Canal du Midi sind krank, erfasste mich eine Dringlichkeit. Ich wollte die Bäume dokumentieren. Künftige Generationen sollten sich an die Ruhe dieses Ortes erinnern, mehr noch, diese erfahren können.

In seinem Buch “Landscape Painting Now“ schlägt der Kunsthistoriker Barry Schwabski vor, die Künstler der Gegenwart nutzen die Landschaft als eine Metapher die „eine Erfahrung eigener Art zündet – eine die… so etwas ist wie eine Erfahrung der Natur.“
Dass meine Arbeiten Erfahrungscharakter und einen körperlichen Eindruck haben, bedeutet mir sehr viel. Steht jemand vor meinen Gemälden und beginnt einzuatmen, sichtbar zu entspannen und auszuatmen, dann weiß ich, dass ich erfolgreich gewesen bin.
Ich benutze die Malerei, um uns wieder mit dem essentiellen Gefühl des Friedens zu verbinden, das wir in der Natur haben. Wir leben in einer Symbiose mit Bäumen; sie sind die andere Hälfte unseres Atmungsapparats, und bis vor relativ kurzer Zeit lebten wir in Wäldern. Da wir uns mit den Bäumen entwickelt haben, fühlen wir uns sogar durch die Darstellung ihrer grünen Farbe getröstet.
Im Wald sehe ich immer den Widerhall von Kathedralen und umgekehrt. Die Bäume und ihre monumentalen Ausmaße, das durch lichtdurchlässige Farben gefilterte Licht und die starken, aufstrebenden Vertikalen beeinflussen mich. Ich finde die ihnen innewohnenden archaischen Bezüge erdend. Sie zu malen gibt mir ein Gefühl der Zeitlosigkeit.
Das ist die reine Freude; ich male als Ausdruck meiner eigenen Vitalität. In dem Bestreben, diese freudige Erfahrung an andere weiterzugeben, suche ich nach Wegen, den Betrachter zu umhüllen und ihn in einen Teilnehmer zu verwandeln. Ich spiele mit der Kraft der Farbe, um unsere Emotionen zu beeinflussen, berücksichtige Lichtquellen, arbeite mit dem Maßstab und variiere Perspektiven.
Die Werke von Richard Serra, Claude Monet, David Hockney und Anselm Kiefer haben mich gelehrt, dass die Vergrößerung des Maßstabs eine physische Beteiligung erzwingt, und ich verwende gerne große Leinwände, wenn es möglich ist. Ich verwende auch die Perspektive, um die Illusion eines umhüllenden Maßstabs zu erzeugen. Hockneys Verwendung mehrerer Perspektiven innerhalb eines Kunstwerks und seine historischen Forschungen über Linsen waren hier hilfreich. Um den Betrachter in die Szene einzuladen, ist die Ein-Punkt-Perspektive ideal, alternativ verwende ich mehrere Perspektiven, so dass der Betrachter mit seinen Augen durch die Szene wandern muss. Indem ich in meinen Gemälden kathedralenartige Räume erschaffe, nutze ich zwei Dimensionen, um dritte, vierte und darüberhinausgehende Dimensionen zu evozieren, was zu Gemälden führt, die ein magisch-realistisches Element haben.
Die wilden Farben der fauvistischen Künstler haben mich schon früh gelehrt, dass die Emotionen eines Ortes oft besser zu spüren sind, wenn der Betrachter zweimal hinschauen muss, weil die Farben auf der Leinwand nicht mit seinen Erwartungen an eine Landschaft übereinstimmen. Befreit von ihren Beispielen setze ich Farben frei ein, um dieses Gefühl für die gefühlte Erfahrung eines Ortes zu verstärken. Wie bei Kirchenfenstern oder dem Sonnenlicht, das durch ein Vordach fällt, verwende ich lichtdurchlässige Ölfarben, um das Licht zu filtern, das vom Weiß der dahinter liegenden Leinwand zurückgeworfen wird, so dass die Lichtquelle aus dem Inneren des Bildes kommt.
Meine Bilder sind Fenster in die Natur, die uns einen Ort bieten, an dem wir vom hektischen Rhythmus des Lebens innehalten können. Sie sind eine Einladung, Frieden, Freude und Vitalität zu erleben und neue Kraft zu schöpfen.
¹Landscape Painting Now, Thames and Hudson, 2021.
²Dr Qing Li erklärt in seinem Buch, wie sich die Farbe Grün auf unser Wohlbefinden auswirkt. “Forest Bathing: How Trees Can Help You Find Health and Happiness”. Penguin 2018
³Hockney, D: Secret Knowledge: Rediscovering the lost techniques of the Old Masters, 2006

Photo credit: Maia Beyrouti
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